Mit Kindern in die Berge

Kinder wandern nicht gerne – davon sind viele Eltern überzeugt. Und ja, was wir Erwachsenen so unter Wandern verstehen, ist Kindern eher fremd. Der Ehrgeiz, einen Gipfel zu erreichen oder mit möglichst vielen Kilometern die eigene Fitness zu beweisen, zum Beispiel. Kinder begeistern sich nicht für das Laufen an sich. Für die Schönheit einer wilden, naturbelassenen Landschaft sind sie aber sehr wohl empfänglich. Und wenn sie dann noch die Natur als Spielplatz entdecken, haben fast alle Kids auch Spaß an Ausflügen in den Wald oder in die Berge.

Kinder wandern anders. Sie tauchen tiefer ein in die Natur. Wir Erwachsenen laufen oft erstaunlich achtlos an spannenden Dingen vorbei, weil wir nur das Ziel und das Vorankommen im Blick haben. Wenn Kinder draußen unterwegs sind, wollen sie alles betrachten, was am Wegrand wächst oder krabbelt. Auch toben, spielen und klettern steht hoch im Kurs. Dazu braucht es Zeit und die richtige Umgebung. Die ersten Touren mit jüngeren Kids sollten daher eher kurz sein. Als Ziel eignet sich jeder Platz, an dem man gut spielen kann. Das wird nicht unbedingt der von Erwachsenen anvisierte Berggipfel sein. Eine Almhütte mit Tieren, ein Spielplatz am Berghang, ein See- oder Bachufer sind viel besser geeignet. Ein Kletterfelsen oder ein Kletterbaum werden zu reizvollen Zwischenzielen und zum perfekten Platz für eine Pause und ein Picknick. Mit dem Blick vom Gipfel lockt ihr erst die Größeren.

Vor allem mit jüngeren Kindern braucht ihr viel Zeit für Erlebnisse am Wegesrand. Touren für Kleine sollten deshalb erstmal nicht zu lang sein. Aus einer Gehzeit von 1-2 Stunden – gemessen am Tempo eines Erwachsenen – wird mit Kindern im Vorschulalter leicht ein vollwertiger Halbtagesausflug. Werden dann die Beine länger und die Ausdauer größer, kann man auch anspruchsvollere Strecken angehen. Gute Familientouren unterscheiden sich aber nicht nur bei Ziel, Länge und Höhenmetern von normalen Wanderungen – sie stellen auch andere Ansprüche an die Streckenführung. Kinder langweilen sich auf breiten geraden Forstwegen, gibt es dagegen etwas zu klettern oder man pirscht auf schmalen Pfaden durch Wald und Wiesen ist es gleich viel spannender.

Fotos: Lisa Edelhäußer aus dem Buch »Naturzeit mit Kindern: Fränkische Alb«

Wandern mit kleinen und großen Kids

Ausflüge in die Natur sind mit Kindern fast von den ersten Lebenswochen an möglich. Wandern ist mit den ganz Kleinen, die man noch bequem tragen kann, sogar deutlich entspannter als später, wenn die Kinder selbst laufen wollen. Hilfsmittel wie Babytrage, Kraxe und geländegängige Kinderwagen machen euch auch abseits von befestigten Wegen mobil.

Wandern mit Kinderwagen

Ein Wanderweg, über den man einen Kinderwagen schieben kann, darf nicht zu steil sein und braucht glatten Untergrund. Wurzeln, Stufen, Engstellen und dicke Steinblöcke – alles, was einen Weg für laufende Kinder interessant werden lässt – macht Wege für Kinderwagen unpassierbar. Wenn es steiler bergauf geht, wird eine Wanderung mit Wagen selbst für fitte Eltern schnell zur Herausforderung. Für richtige Bergtouren eignet sich daher eine Kindertrage oder ein Tragerucksack viel besser. Für leichte Touren auf befestigten Wegen ist ein geländegängiger Wagen aber durchaus eine Alternative, die besonders interessant wird, wenn euer Kleinkind in der Rückentrage immer schwerer wird, aber selbst noch keine langen Strecken läuft. Auch wenn ihr mit zwei Kleinkindern unterwegs seid, ist ein Wagen eine Entlastung. Damit eure Wanderung trotz der Einschränkung in der Wegwahl nicht zu langweilig wird, achtet bei Kinderwagentouren auf landschaftlich interessante Routen. Gut geeignet sind zum Beispiel Wege mit toller Aussicht oder ein Uferweg mit vielen schönen Plätzen am See. Auch Tiere am Wegrand oder ein Spielplatz als Ziel machen den Ausflug interessant.

Wer gerne mit Wagen unterwegs ist, sollte sich unbedingt die dreirädrigen Fahrrad­an­hänger ansehen, die deutlich geländegängiger sind als ein durchschnittlicher Kinderwagen. Sie werden auch als »Jogger-Buggys« bezeichnet. Ihr solltet bei der Wahl des Modelles darauf achten, dass der Wagen nicht zu breit ist, sich einfach schieben lässt und vorne nur ein großes Rad hat. Aber auch mit einem Jogger bleibt die Wahl der Wege ein­ge­schränkt. Sie müssen breit genug und mit einem schweren Wagen befahrbar sein – also nicht zu steinig und stufig, nicht zu viele Wurzeln, nicht zu steil.

Mit Babytrage und Kraxe

Im wirklich unwegsamen Gelände sind Babys bis etwa sechs Monate in einer Babytrage oder einem Tragetuch gut aufgehoben. Die Trage wird mit Steckschnallen befestigt und meistens vorne getragen. Das Tragetuch ist flexibler zu verwenden und kann vor dem Bauch und auf dem Rücken eingesetzt werden. Die Wickeltechnik braucht allerdings etwas Übung. Ist der Boden mal nicht so trocken und sauber, hängt ein Tuch dabei schnell im Dreck. Bei beiden Trage-­Varianten sitzt der Nachwuchs in der Spreiz-Anhock-Haltung vor eurem Bauch, was eine gesunde motorische Entwicklung unterstützt. Ungefähr ab einem halben Jahr wird euer Kind für eine einfache Baby­trage zu schwer. Wie lange ihr euch mit der Trage auch auf längeren Strecken wohlfühlt, ist aber eine persönliche Sache und für alle Tragenden und jedes Kind verschieden.

Für Kleinkinder gibt es verschiedene Rückentragen, deren Tragesystem dem eines Trekkingrucksacks entspricht. Sie werden im bergreichen Süden Deutschlands auch als Kraxe bezeichnet. Eine Kraxe eignet sich erst für Kinder, die bereits sicher frei sitzen können. Für längere Touren sollte euer Kind mindestens ein Jahr alt sein. In Bezug auf die Passform muss eine gute Kindertrage die gleichen Kriterien erfüllen wie ein guter Tourenrucksack: Sie braucht einen breiten, gut gepolster­ten Hüftgurt, der das Gewicht fast komplett auf die Beckenkochen überträgt, die passende Rückenlänge sowie verstellbare Schultergurte. Da Kindertragen oft zwischen zwei Personen gewechselt werden, ist die Rückenlänge des Tragesystems meist über einen großen Bereich verstellbar. Dies solltet ihr bei Bedarf unbedingt prüfen.

Für den Komfort eures Kindes braucht die Trage einen gepolsterten Sitzbereich. Gurtschlaufen für die Füße verhindern, dass die Innenseiten der Beine am Sitz klemmen und so die Blutzufuhr erschwert wird. Ein Dach schützt an heißen Sommertagen und bei Regen und Wind. Das Kind muss außerdem sicher angeschnallt werden können. Schließlich sollte die Trage noch einen ausklappbaren Bügel für einen sicheren Stand aufweisen. Wandertragen verfügen über ein Gepäckfach unter dem Sitz, das aber mit seinem begrenzten Volumen mit Tagesproviant, Windeln und Co. schnell gefüllt ist.

Mit Kindern in der Rückentrage sind Wege mit schwierigen oder ausgesetzten Passagen erst einmal tabu. Da die Last in eurem Rucksack lebendig ist und sich bewegt, bringt sie euch auch leichter aus dem Gleichgewicht als ein normaler Rucksack mit demselben Gewicht. Wanderstöcke geben zusätzlichen Halt und entlasten beim Bergabgehen die Gelenke.

Da sich die Kinder in ihrem luftigen Sitz nicht bewegen können, kühlen sie schnell aus. Handschuhe und warm verpackte Füße im Frühjahr und Herbst sind wichtig. An heißen Tagen muss euer Kleinkind gut vor der Sonne geschützt werden. Regelmäßige Pausen sorgen für Abwechs­lung und Bewegung: Eine Almwiese oder ein flaches Bach- oder Seeufer, an dem auch die Kleinsten gefahrlos spielen können, sind hier geeignete Ziele. Ein paar große Stein­blöcke zum Klettern machen dabei auch schon Zwei- oder Dreijährigen viel Spaß.

Foto: Regina Stockmann / Naturzeit mit Kindern: Provence

Geduld und kurze Beine (3 bis 5 Jahre)

Etwa ab drei oder vier Jahren laufen Kinder längere Strecken am Stück. Sie sind in diesem Alter sehr leicht ablenkbar. An jeder Ecke gibt es etwas Inter­essantes zu sehen und vorwärts geht es nur sehr langsam. Für die Kraxe ist das Kind inzwischen zu schwer – tragen kann man es nur noch kurze Stücke. Das Einzige, was hilft, ist viel Ge­duld. Touren sollten nicht mehr als eine bis eineinhalb Stunden reine Gehzeit haben – mit den Kleinen dauert es mindestens doppelt so lange, sodass schnell eine vollwertige Halb­tages­tour daraus wird.

Hike and Bike mit Zwergen

Mit Kindern im Kita-Alter zu wandern, ist für Eltern immer mal wieder eine Geduldsprobe. So schön es sein kann, sich auf Kinder-Bummeltempo einzulassen und die Welt mit Kinderaugen wahrzunehmen, be­we­gungsfreu­dige Eltern kommen dabei manchmal etwas zu kurz. Lernen die Kinder dann Fahrrad fahren, könnt ihr mit kombinierten Rad-Wandertouren das Tempo erhöhen und den Bewegungsradius für Eltern deutlich erweitern. Die Kids sausen mit dem Rädchen voraus und die Erwachsenen laufen flott hinterher. Eure Kinder müssen dazu schon so sicher fahren, dass sie mit kleinen Steigungen und engen Wegstellen zurechtkommen. Muss man noch ständig aufpassen, wird die Tour schnell stressig. Die Strecken sollten keine zu langen Steigungen und keine wirklich gefährlichen Stellen wie zum Beispiel steile Böschungen am Weg aufweisen. Kleine Hügel oder ein paar Hoppelstellen sind für fortgeschrittene kleine Rad­ler eher spannend, vor allem wenn man das Ganze als echte Moun­tainbike-Aben­teuertour verkauft.

Foto: Alexander Ramin / Naturzeit mit Kindern: Teneriffa

Abenteuerspielplatz Natur (6 bis 9 Jahre)

Bei Kindern im Grundschulalter sind die Unterschiede in Tem­po und Ausdauer besonders groß. Laufzeiten für Er­wach­sene sollten immer noch um die Hälfte erhöht werden, um eine realistische Vorstel­lung vom Zeitaufwand zu haben. Nach und nach entwickelt ihr ein Gefühl für das individuelle Tempo

eurer Familie. Kinder, die schon Berg­er­fah­rung mitbringen, schaffen jetzt teilweise schon ganz erstaunliche Touren.

Für Eltern, die mit ihren Grund­­schul­­­kindern die ersten Berg­touren planen, kann das aber kein Maßstab sein. Maximal zwei bis drei Stun­den Gehzeit, davon höchstens eine Stunde bergauf, sind ein guter Anfang. Viele Pausen und viel Zeit zum Spielen sowie ein spannendes Ziel sind bei der Planung besonders wichtig. Kinder in diesem Alter spielen meist besonders fantasievoll und lassen sich von der passenden Umgebung leicht anregen. Schon ein Bach weckt Ideen – vor allem, wenn mehrere Kinder zusammen sind. An einem Kletter­­felsen kann man ohne Gefahr die ersten Kraxel­versuche machen, und auch eine Über­nachtung in einer Berg­hütte gehört zu den besonderen Höhepunkten. Gerade Kinder dieser Alters­gruppe laufen viel lieber auf schmalen Pfaden, die nach Aben­teuer riechen und die Fan­­tasie anregen, als auf breiten Schotterwegen. Mit der Schulreife entsteht auch ein Bewusstsein für Gefahren, sodass ihr beginnen könnt, auch Bergpfade mit kur­zen, anspruchs­volleren Pas­sagen zu laufen.

Mitplanen statt Mitlaufen (10 bis 13 Jahre)

Nach und nach entwachsen die Kinder dem Spiel- und Tobe­alter. Haben sie schon Bergerfah­rung gesammelt, sind sie jetzt sicher genug für Touren mit kleinen Klettereinlagen und für aufregende Wege mit Seil­siche­rung und Weitblick. Auch für einen tollen Gipfel­blick kann man die Großen inzwischen begeistern. Ihre Ausdauer reicht langsam an die eines Erwach­senen heran. Die Moti­vation ist meist eher der springende Punkt. Kinder dieser Altersgruppe sollte man deshalb auf jeden Fall an der Planung beteiligen und mit­reden lassen.

Unter­wegs finden viele es spannend, Karte zu lesen, den Weg zu suchen, Ent­fernungen einzuschätzen oder zu fotografieren – je nachdem, wo die persönlichen Inte­ressen liegen. Auch Mehrtagestouren mit Übernachtung im Zelt oder in einer Hütte sind mit größeren Kids, die schon einen Teil ihres Gepäcks selbst tragen können, gut möglich und erhöhen den Abenteuerfaktor des Familienprogramms. Die Geh­zeiten der Großen unterscheiden sich kaum von denen Erwachsener – nur etwas mehr Zeit für Pausen solltet ihr weiterhin einplanen.

Ist die ganze Familie höhensicher, können Klettersteige Abwechslung und neue Spannung ins Familienprogramm bringen. Beim Alpenverein, in Kletterzentren oder Bergschulen gibt es Einführungskurse, in denen ihr lernt, euch richtig zu sichern.

Foto: Eva Wieners / Naturzeit mit Kindern: Soca und Triglav-Nationalpark

Die Touren in unseren Büchern

Vor allem für Stadtkinder ist die Natur nicht mehr alltäglich: einen Staudamm bauen, Boote schwimmen lassen, Steine ins Wasser werfen, auf Bäume oder Felsen klettern oder in einem Bach baden. Tiere streicheln oder beobachten, genug Platz haben zum Verstecken spielen, herumtoben und unterwegs sein mit Eltern, die Zeit haben. Solche echten Erlebnisse tun nicht nur dem Nachwuchs, sondern auch den Eltern gut.

Das Anliegen der Reiseführer-Reihe »Naturzeit mit Kindern« ist es, Familien an Plätze in der Natur zu führen an denen Kinder schon durch ihre Umgebung zum Spielen angeregt werden. An die besten Spielplätze und die intensivsten Erfahrungen in der Natur kommt man – ob nun im Alltag oder im Urlaub – wenn man zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist. Deshalb sind unsere Bücher auch schwerpunktmäßig Wanderführer.

Für unsere Tourenvorschläge suchen wir nach abenteuertauglichen Wanderrouten. Das heißt wir ziehen schmale Pfade vor und meiden breite Schotterwege, wo immer das möglich ist. Außerdem findet ihr in den Büchern sehr genaue Wegbeschreibungen mit vielen Orientierungspunkten und geeigneten Zwischenzielen. Bei vielen Wanderungen zeigen wir euch auch kürzere oder längere Varianten. So bleibt ihr in der Planung flexibel – wenn die Energie mal nicht ausreicht oder der tolle Platz am Bach viel reizvoller scheint, als das eigentlich anvisierte Ziel. In jedem Buch gibt es einige sehr kurze Touren, die auch mit Kindern im Kita-Alter locker zu schaffen sind. Sie eignen sich auch prima für einen faulen Spieltag mit größeren Kids eignen, denn der Weg zu reizvollen Plätzen ist oft gar nicht weit. So werdet ihr mit Hilfe der Bücher hoffentlich beides finden: Abenteuer und Erholung.

>> Hier geht‘s zu den Büchern

>> Aus einer Wanderung ein Kinder-Abenteuer machen

Veröffentlicht am: 05. Januar 2023Kategorien: Outdoor mit Kindern, Wandern mit KindernSchlagwörter: , ,

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